Farben, Duft und Geschmack werden in der Natur (z. B. in Blüten und Früchten) häufig durch die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe hervorgerufen. Dabei bezieht sich der Begriff „sekundär“ ganz und gar nicht auf die Bedeutung „zweitrangig“. Im Gegenteil: Die meist in geringerer Konzentration vorkommenden Bioaktivstoffe können eine Vielzahl interessanter, positiver Wirkungen entfalten – im Gegensatz zu den Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen (primären Pflanzenstoffe). Diese macht sich die Flora zunutze, um sich z. B. vor Umweltgiften, UV-Strahlung, vor Tieren (Fraßschutz) oder auch Infektionen durch Bakterien, Viren, Pilzen zu schützen.
Man geht von ca. 100 000 verschiedenen solcher Bioaktivstoffe aus, die – ihren chemischen Strukturmerkmalen nach – in verschiedene Gruppen unterteilt werden können. So zählen z. B. die in Brokkoli, Meerrettich und Kresse vorkommenden schwefelhaltigen „Scharfmacher“ (Glucosinolate) dazu. Andere Vertreter, wie die Terpene, machen z.B. das Aroma von Kräutern und den Duft von Zitrusfrüchten aus. Aprikosen, Karotten und Tomaten wiederum erhalten ihre leuchtenden Farben von den Carotinoiden, den „Sonnenschirmchen“ der Pflanzenwelt. Saponine sind dagegen seifenartige Substanzen, die z. B. in Hülsenfrüchten vorkommen und den potentiellen Pflanzenschädlingen das Leben schwer machen.
Die „Stars“ unter den sekundären Pflanzenstoffen sind allerdings zweifelsohne die Polyphenole. Diese größte Gruppe an Bioaktivstoffen wird auch als „Vitamine des 21. Jahrhunderts bezeichnet. Obwohl sie nicht zu den bekannten, klassischen Vitaminen gerechnet werden, wird ihnen ein „vitaminähnlicher“ Charakter zugeordnet. Tatsächlich konnten für die Polyphenole bislang eine Vielzahl gesundheitsfördernder Wirkungen nachgewiesen werden und so nehmen diese Biomoleküle hinsichtlich ihrer ernährungsphysiologischer Bedeutung inzwischen einen hohen Stellenwert ein. Polyphenole sind u. a. in Früchten wie z. B. den Zitrusfrüchten, in Gemüsesorten wie z. B. Zwiebeln oder Kohl und in Getränken wie z. B. Grüntee vorhanden. Besonders reichlich kommen die interessanten Polyphenole allerdings in Beerenfrüchten wie z. B. den Holunder-, den Heidel-, Johannis- und Aroniabeeren vor. Dort verleihen sie diesen Powerfrüchtchen die intensive Farbe und schützen diese z. B. vor der Sonne und den dadurch bedingten freien Radikalen, die auch beim Menschen Schaden anrichten können – oder auch vor dem Zugriff durch Bakterien und Viren, die das Pflanzenwachstum beeinträchtigen können. Der Schwarze Holunder (Sambucus nigra L.) weist einen besonders hohen Anteil an Anthocyanen auf. Diese zählen zu den besonders interessanten Polyphenolen. Weiterhin sind auch andere Polyphenole wie z. B. Phenolsäuren und diverse Flavonoide sowie immunmodulatorisch wirksame Polysaccharide (vor allem Arabinogalaktane) in den Beeren enthalten. Darüberhinaus sind die Holunderbeeren auch eine gute Quelle für B-Vitamine (vor allem Folsäure) sowie Mineralstoffe wie z. B. Kalium. Es ist dieses Inhaltsstoffspektrum, welches für die gesundheitsfördernden Wirkungen der Heilpflanze, die bereits von Hippokrates beachtet und erwähnt wurde, verantwortlich gemacht wird.